Wein aus Deutschland
Auch wenn Deutschland auf eine viele Jahrhunderte alte Tradition der Weinerzeugung zurückblicken kann
ist es wohl kaum passend, das Land als ein typisches weinerzeugendes und weinverbrauchendes Land zu bezeichnen.
Zu eingeschränkt sind überhaupt die Möglichkeiten, in Deutschland Wein anzubauen und zu keltern; der
Weinbau beschränkt sich fast durchgängig auf den Südwesten der Bundesrepublik, das Rheintal und einige wichtige Nebenflüsse des Rheins. Dieses Gebiet umfasst also gerade einmal 10 Prozent des französischen Weinbaugebiets, wobei
noch dazu fast alle Weinbaugebiete in Deutschland in die Klimazone A einzuordnen sind (was für ein weinerzeugendes Land wiederum sehr untypisch ist.
Insgesamt 105.000 Hektar Land sind mit Weinreben bestückt
und sorgen für Wein aus Deutschland. Diese Reben erbringen eine
Durchschnittsernte von ungefähr 10 Millionen Hektoliter, von denen ungefähr 15 Prozent exportiert werden – mit diesem Ertrag kommt man nicht einmal auf die Hälfte des normalen Pro-Kopf-Verbrauches an Wein in Deutschland. Daher
ist Deutschland gleichsam der größte Weinimporteur der Welt und bietet einen sehr vielfältigen und interessanten Markt an Weinen, da sich dieser eben nur zu geringen Teilen auf die heimischen Weine beschränkt.
Die Zunahme des Verbrauchs, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, konnte unmöglich durch
Eigenerzeugung gedeckt werden, da die deutschen Winzer einfach keine Möglichkeit haben, ihre Produktion zu erweitern, wenn sie nicht schwere Qualitätseinbußen hinnehmen wollen.
Deutschland ist ferner von der Weinindustrie her ein recht konservatives Land. Qualität ist seit mehr
als dreißig Jahren fast einzig durch Fehlerfreiheit definiert, weshalb dieses technische Kriterium nur geringen Anreiz für
die Winzer darstellte, die tatsächliche Qualität ihrer Weine zu verbessern.
In Deutschland wird eine große Menge von Wein erzeugt, der sich an den Gelegenheitsweintrinker
richtet, der also den echten Anforderungen eines qualitativ hochwertigen Weines meist nicht gerecht wird.
Dennoch hat Deutschland einen Jahrhunderte alten, auch gut begründeten Ruf als Weinerzeuger, da die
Spannweite der deutschen Weine extrem groß ist.
Es ist folglich beinahe unmöglich, vom “deutschen Wein” als solchem zu sprechen, da das Land
hervorragende Weine von internationaler Qualität ebenso hervorbringt wie einen leider viel zu großen Anteil höchstens als mittelmäßig zu beurteilender Weine.
Seit einigen Jahren hat auf den deutschen Weingütern die Erkenntnis Eintritt erhalten, dass eine hohe
Produktion für ein so untypisches Weinbauland wie Deutschland nicht unbedingt das Ziel sein kann, da sonnenreichere und geeignetere Länder wie Frankreich ordentlichen Wein nicht nur in größerer Anzahl, sondern meist sogar in
besserer Qualität erzeugen können. Mehr und mehr entwickelt sich der Weinbau in Deutschland in die Richtung der restlichen Wirtschaft – Deutschland wird auch in Bezug auf den Wein ein qualitätsbetontes Land, auch wenn diese
Entwicklung, wenn sie sich überhaupt in dieser Ausprägung vollzieht, noch immer einen langen Weg vor sich hat.